Manche können es, manche nervt es – und manche sagen sogar, es sei schädlich für die Gelenke. Die Rede ist vom Fingerknacken. Aber was genau passiert eigentlich dabei?
In diesem Artikel zeigen wir dir, warum Finger knacken, ob es schädlich ist und warum ein Mann fürs Fingerknacken den Nobelpreis bekommen hat.
Inhaltsverzeichnis
Was passiert beim Fingerknacken?
Es ist ein hartnäckiges Gerücht, dass das Geräusch beim Fingerknacken entsteht, wenn Knochen aneinanderreiben. Für den wahren Grund müssen wir uns kurz anschauen, wie ein Gelenk aufgebaut ist.
Jedes Gelenk im Körper hat einen Gelenkspalt. Dabei handelt es sich um einen dünnen Raum zwischen den Gelenkflächen, der mit sogenannter Gelenkflüssigkeit gefüllt ist.

Gelenkaufbau. Zwischen zwei Gelenkflächen (beige) befindet sich der Gelenkspalt mit Gelenkflüssigkeit (blau).
Wenn man das Fingergelenk auseinanderzieht, weitet sich der Gelenkspalt und es entsteht ein Unterdruck. Dabei bilden die Gase in der Gelenkflüssigkeit kleine Bläschen. Das ist so ähnlich wie die Bläschen, die entstehen, wenn man eine Flasche mit Sprudelwasser öffnet.
Die vorherrschende Theorie ist, dass das Knacken beim Platzen der Bläschen entsteht. Andere Forschende glauben wiederum, dass das Knacken entsteht, wenn die Bläschen gebildet werden. So oder so: Die meisten Forschenden sind sich einig, dass diese Bläschen im Gelenkspalt das Knacken verursachen.

Die Psychologie vom Fingerknacken: Warum sich Menschen wiederum bewusst fürs Fingerknacken entscheiden, ist eine andere Frage. Fingerknacken soll nämlich entspannend wirken – zumindest für die Person, die es macht.
Studien: Ist Fingerknacken schädlich für die Gelenke?
Wir haben also geklärt, dass das Fingerknacken nicht durch aneinanderreibende Knochen, sondern durch winzige Bläschen im Gelenk ausgelöst wird. Das hört sich erst mal deutlich unbedrohlicher an – die genauen gesundheitlichen Folgen vom Fingerknacken sind aber bislang nicht bekannt.
Die wahrscheinlich bekannteste und längste Studie zu dem Thema stammt vom US-amerikanischen Wissenschaftler Donald Unger. Dieser startete als Kind einen Selbstversuch, nachdem ihn seine Familie ermahnt hatte, dass sein Fingerknacken zu Gelenkschäden führen würde. Das wollte der heranwachsende Wissenschaftler nicht hinnehmen – und knackte in den folgenden 50 Jahren nur die Finger der linken, nicht aber der rechten Hand.
Sein Ergebnis nach lebenslanger Forschung: Die Gelenke in beiden Hände sahen absolut gleich aus. Dieses Ergebnis brachte ihm nicht nur Genugtuung, sondern auch den Ig-Nobelpreis ein. Dieser wird jährlich an der Harvard University an die Personen überreicht, die „Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken“ bringen.
Natürlich reicht eine Untersuchung mit nur einem einzigen Studienteilnehmer nicht aus, um einzuschätzen, wie gefährlich Fingerknacken wirklich ist. Zurzeit gibt es aber auch keine anderen Studien, die ein erhöhtes Risiko für Gelenkerkrankungen wie Arthrose oder Gicht belegen.
Zugegebenermaßen: Es gibt auch kaum Studien zu dem Thema. Deswegen sind sich Forschende auch nicht einig, ob beziehungsweise welchen akuten Einfluss das Fingerknacken auf die Gelenke hat.
So hatten fingerknackende Testpersonen in einer Studie der University of California beweglichere Gelenke als die Kontrollgruppe. Deutlich schlechter schnitten fingerknackende Menschen in einer Studie des Mount Carmel Mercy Hospitals ab: Sie litten häufiger unter Handschwellungen und hatten eine geringere Griffstärke als die nicht knackenden Testpersonen.
Wie gesund oder ungesund Fingerknacken also wirklich ist, muss noch geklärt werden. Die Orthopädin und Leiterin des Athleticums der Uniklinik Hamburg, Caroline Werkmeister, schätzt das Risiko für Gelenkschäden aber eher gering ein:
„Wir hätten vermutlich bereits bemerkt, wenn Menschen, die ihre Gelenke knacken lassen können, häufiger Probleme mit diesen Gelenken haben.“
Fazit: Fingerknacken ist wahrscheinlich nicht schlimm – zumindest für die knackende Person
Es gibt derzeit keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass Fingerknacken bleibende Gelenkschäden verursacht. Das heißt aber nicht, dass du es tun solltest: Viele empfinden das Fingerknacken nämlich als störend oder geradezu eklig.
Wenn du also deine Fingern knacken lassen musst, dann tu deinen Mitmenschen einen Gefallen – und knack lieber allein vor dich hin.
Nachweise
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